Für den 4. Adventsonntag (2022) haben wir uns unser Lieblingshighlight aufgehoben. Es ist der Erfahrungsbericht von Zoe, einer Jugendlichen, die mit viel Liebe und Geduld das Zutrauen von Henry und Burli (zweier sehr schüchterner Ochsen) gewonnen hat. Keines unserer Tiere muss sich mit Besuch beschäftigen, sie können sich jederzeit entfernen und werden dann auch in Ruhe gelassen. Aber, wie diese Geschichte zeigt, freuen sich auch zurückhaltende und rangniedereTiere, wenn ihnen jemand Aufmerksamkeit schenkt und sich nur Zeit für sie nimmt.
Anmerkung zu Beginn: Es ist leider normal, dass sich unsere Ochsen und Stiere gelegentlich am Fuß verletzen. Sie testen immer wieder mal die Rangordnung, vor allem, wenn ein Tier gestorben ist oder neue Tiere dazukommen. Dabei tun sie sich manchmal weh, weil sie sich z.B. den Fuß verstauchen (es ist aber nicht so, dass sie es darauf anlegen einander zu verletzen) und sind dann vorübergehend beim Gehen eingeschränkt. Momentan gehen alle Tiere wieder normal. Hoffen wir, dass die Weihnachtsruhe noch eine Weile anhält. 🙂
Erfahrungsbericht von Zoe:
HENRY
Henry ist eine Kreuzung aus schottischem Hochland- und Gallowayrind und ist Teil der Rinderherde. Er hat dort einige Halbbrüder. Am ähnlichsten ist ihm sein Halbbruder Burli, eine Kreuzung aus deutschem Angusrind und Gallowayrind. Vor zirka einem Jahr, kurz vor meinem Geburtstag, habe ich von meinen Eltern eine Rinderpatenschaft bekommen. Also sind wir zur Weide gefahren, damit ich ein Rind oder eine Kuh aussuchen kann. Ich fühlte mich sofort zu einem weiter hinten stehenden schwarzen Rind hingezogen, welches sich nicht her getraut hat und nur von weitem beim Füttern zugeschaut hat.
Ich denke, sobald ich ihn gesehen habe, war die Entscheidung gefallen. Und so hat meine Patenschaft für Henry begonnen.
Am Anfang war er so schüchtern, dass er kaum hergekommen ist. Zeitweise war das sehr frustrierend, aber nach einiger Zeit konnte man Fortschritte sehen. Ich habe von Tag 1 an nicht aufgegeben. Bald hat er uns so gut gekannt, dass er beim Füttern sofort hergelaufen ist. Aber Striegeln ging immer noch nicht. Wir waren uns alle nicht sicher, ob er es je zulassen würde, aber ich habe nicht aufgegeben. Und eines Tages habe ich ihn das erste Mal gestriegelt. Und seitdem striegle und bürste ich ihn jedes Mal.
Ich würde sagen, wir sind inzwischen „beste Freunde“.
BURLI
Das ist die Fortsetzung der Henry Geschichte, nur mit seinem Halbbruder.
So zirka nach ein paar Besuchen bei Henry habe ich bemerkt, dass hinten auf der Weide, sehr weit weg, immer ein Rind gelegen ist. Es ist nie hergekommen, also habe ich Steffi gefragt, wer das ist. Sie hat mir gesagt, dass das Burli ist und er nicht herkommt, weil er im Rang ganz weit unten ist und deswegen gar nicht kommt.
Da wusste ich, dass das mein nächstes Projekt ist.
Am Anfang stand er weit hinten, aber manchmal kam er näher, also haben wir ihm immer Brot zugeworfen in der Hoffnung, dass er es nimmt. Wenn die anderen Rinder abgelenkt waren, konnten wir ihn füttern. So wurde er mit der Zeit immer zutraulicher. Aber striegeln würde wahrscheinlich nie gehen, auf jeden Fall war das die Annahme.
Der wahrscheinlich prägendste Moment war für mich, wie mir Steffi gesagt hat, dass Henry verletzt ist und humpelt. Weil ich Henry nicht sehen konnte, bin ich mit Brot zu dem Stein auf der Weide gegangen und habe gewartet. Und dann ist ein schwarzes Rind auf mich zu gehumpelt, von dem ich ohne genaues Hinschauen angenommen habe, dass es Henry ist. Also fütterte ich das Rind und es schmiegte sich an mich. Ich hatte kein Brot mehr und bin wieder zu meinen Eltern gegangen und habe erzählt, dass ich Henry gefüttert habe. Dann fragt mich aber Steffi: „War das nicht Burli?“ Und ich: „Nein, der ist ja gehumpelt, das ist doch Henry? Und weil ich verwirrt war, habe ich noch einmal genau geschaut, es stellte sich heraus, ich habe tatsächlich Burli gefüttert. In dem Moment war jeder sehr überrascht. Und seitdem kommt Burli immer zu uns.